musik ist keine bagatelle header

WORUM GEHT ES?

Mit der Urheberrechts-Novelle 2021 wurden die Weichen im österreichischen Urheberrecht neu gestellt. Es ging um nichts weniger als um die digitale Zukunft der gesamten Musikbranche. Klares Ziel der mit der Novelle umgesetzten EU Copyright-Richtlinie war das Schließen der so genannten „Wertschöpfungslücke“: Die Tech-Riesen sollen für die Inhalte auf ihren Sharing-Plattformen urheberrechtlich verantwortlich sein, Lizenzen erwerben und so die Kreativbranchen fair an den Milliardenerträgen teilhaben lassen. Die 15-Sekunden-Bagatellgrenze und das Pre-Flagging verwässern diese Plattformhaftung und schränken so den Schutz von Songrechten im Internet wieder ein. Dagegen wandte sich die Initiative „Musik ist keine Bagatelle“ – eine gemeinsame Aktion von Musikschaffenden und Musiklabels. Zwar ist es nicht gelungen, die Bagatellgrenze und das Pre-Flagging gänzlich aus den Entwürfen des Justizministeriums zu streichen, doch konnten diese Bestimmungen wenigstens entschärft werden. „Musik ist keine Bagatelle“ leistete dazu einen ganz wesentlichen Beitrag. Großer Dank an alle Unterstützer und vor allem an jene Künstler, die sich aktiv zu Wort gemeldet haben!

zitat l
zitat m
zitat s

DAS SAGEN DIE KÜNSTLER

FRAGEN UND ANTWORTEN

Geht es nach der Justizministerin sollen 15 Sekunden Musik nur mehr eine Bagatelle sein. Dagegen protestieren wir! Dasselbe gilt im Übrigen für bis zu 15 Sekunden Video und Film, bis zu 160 Zeichen Text und für Fotos bis zu 125 KB. Solche Ausschnitte sollen von wem auch immer erlaubnis- und haftungsfrei öffentlich verwendet werden können – ausgewertet auf Sharing-Plattformen, die damit Umsätze und Gewinne in Milliardenhöhe erzielen. Auf TikTok oder YouTube Shorts sind 15 Sekunden Musik oft bereits abgeschlossene Nutzungen und der aktuelle Trend am Online-Markt geht eindeutig in Richtung kurze und kürzeste Videos. Daher ist die „15 Sekunden Bagatellgrenze“ so gefährlich und würde den Künstler*innen, den Labels und der gesamten Musikbranche enorm schaden. Die ungewisse Aussicht auf eine kollektivierte Pauschalvergütung ist kein Ersatz für den Verlust der Rechte.

Unsere Erwartungen an die EU Copyright-Richtlinie und an die Umsetzung dieser Richtlinie mit der aktuellen Urheberrechts-Novelle könnten höher nicht sein. Es geht dabei ohne jede Übertreibung um die Zukunft der Musikbranche, also von Künstler*innen und Kreativen ebenso wie von Musiklabels, Verlagen oder Tonstudios. Klares Ziel der Richtlinie ist das Schließen der sog. „Wertschöpfungslücke“ durch eine faire wirtschaftliche Teilhabe der Content-Inhaber an den Milliardenerträgen der Sharing-Plattformen, wie etwa YouTube, Facebook oder TikTok. Die EU-Richtlinie sagt, dass die Plattformen urheberrechtliche Verantwortung tragen und Lizenzen für geschützte Inhalte bezahlen sollen. Das muss ohne Wenn und Aber auch in Österreich so gelten!

Bei der aktuellen Reform des Urheberrechts geht es ohne Übertreibung um die Zukunft der Musikbranche, also von Künstler*innen und Kreativen ebenso wie von Musiklabels, Verlagen oder Tonstudios. Wir erwarten uns, dass sich diese Reform an den Bedürfnissen der Praxis orientiert und nicht an ideologischen Zugängen.

Wir fordern eine korrekte Umsetzung der EU Copyright-Richtlinie, die sich eng am Text der Richtlinie orientiert und nicht vom Geist und den Zielen der EU-Vorgabe abweicht. Selbstverständlich erwarten wir uns auch, dass sich die Urheberrechts-Novelle an den Bedürfnissen der Praxis orientiert und nicht an ideologischen Zugängen. Wir wollen eine klar geregelte Haftung der Sharing-Plattformen, Lizenzverträge mit einer fairen Vergütung und keine Kollektivierung der Kulturproduktion durch ausufernde Vergütungsansprüche von Verwertungsgesellschaften zulasten der Content-Inhaber.

Beim „Pre-Flagging“ sagt der User lapidar, dass sein Upload unter eine urheberrechtliche Ausnahme fällt, also etwa eine Parodie, ein Zitat oder eine Karikatur ist. Das reicht schon, um den Schutz des Urheberechts auszuhebeln! Der Upload kommt dann automatisch auf die Sharing-Plattform, auch wenn diese dafür gar keine Lizenzen erworben hat. Wenn sich der User beim „Pre-Flagging“ irrt oder sogar bewusst falsch kennzeichnet, hat das keine Konsequenzen. Deshalb wirkt „Pre-Flagging“ wie ein sanktionsloser Freibrief für Rechtsmissbrauch. Ebenso wie bei den Bagatellgrenzen würde auch hier den Künstler*innen die Möglichkeit entzogen, über die Verwendung ihrer Songs selbst zu entscheiden. Statt starker Rechte bleibt ihnen – geht es nach dem Justizministerium – nur mehr die ungewisse Hoffnung auf eine kollektivierte Pauschalvergütung.

Sowohl die „15 Sekunden Bagatellgrenze“ als auch das „Pre-Flagging“ durchlöchern die urheberrechtliche Verantwortung der Sharing-Plattformen, die mit der Copyright-Richtlinie gerade erst eingeführt wurde. Das schwächt Künstler*innen, Kreative und Labels gegenüber den Plattformen und behindert ihre Möglichkeiten zu lizenzieren. Die EU-Richtlinie hat das frühere Haftungsprivileg der Sharing-Plattformen (Host Provider-Privileg) beseitigt – ein großer Erfolg für die Künstler*innen und Kreativbranchen! Jetzt will der österreichische Gesetzgeber gleich wieder neue Privilegien für die Plattformen einführen!? Denn im Ergebnis würden die Ausnahmen dazu führen, dass die Plattformen weiterhin geschützte Inhalte ohne faire Lizenzzahlung verwenden könnten – ein klarer Widerspruch zu Text und Geist der EU-Vorgabe. Wir erwarten uns vom österreichischen Gesetzgeber, dass er die Plattformhaftung richtlinienkonform umsetzt und sie nicht verwässert.

Sowohl die „15 Sekunden Bagatellgrenze“ als auch „Pre-Flagging“ durchlöchern die eben erst eingeführte urheberrechtliche Verantwortung der Sharing-Plattformen. Die Bagatell-Regelung enteignet die Kreativen und „Pre-Flagging“ wirkt wie ein sanktionsloser Freibrief für Rechts-missbrauch. Beides eine Katastrophe!

Es ist überhaupt nicht die Absicht der Musikwirtschaft, den Upload von Songs oder Videos zu blockieren. Im Gegenteil, sowohl Ausschnitte als auch der gesamte Content sollen im Internet verfügbar sein. Aber das muss von uns lizenziert und fair vergütet werden und nicht unter fragwürdige neue gesetzliche Ausnahmen, wie Bagatellgrenzen oder Pre-Flagging fallen.

Das Justizministerium schlägt gleich mehrere neue kollektive Vergütungsansprüche vor und greift damit sowohl in die Vertragsfreiheit als auch in das geistige Eigentum der Content-Inhaber selbst ein. Wir halten das für europarechts- und verfassungswidrig. Es würden bereits aufgebaute Lizenzsysteme zerstört – zum Schaden der Labels, Verlage und auch der Künstler*innen selbst, die dann nicht mehr mit ihren Rechten individuell am Online-Markt handeln könnten – sei es direkt oder in Partnerschaft mit ihren Labels.

Wir haben keine Vorbehalte gegenüber Verwertungsgesellschaften – sie haben eine wichtige Funktion bei der sog. Zweitverwertung. Aber für den Primärmarkt sind sie nicht geeignet. Sie sind Monopole, stehen unter Kontrahierungszwang und sie müssen zu Einheitstarifen lizensieren. Diese Schematisierung kann keinen Unterschied machen, etwa zwischen ganz aktuellen Musikveröffentlichungen und alten Aufnahmen oder zwischen den unterschiedlichen Marktwerten von Kreativen und Produktionen. Auch die Verteilung einer Verwertungsgesellschaft erfolgt pauschal und ist damit immer ungenauer als die nutzungskonforme Abrechnung aus einem Lizenzvertrag.

Das Urheberrecht ist das rechtliche und wirtschaftliche Fundament der Musikbranche und generell aller Kreativbranchen. Erst das Urheberrecht ermöglicht die Selbstbestimmtheit von Künstler*innen und sichert die Existenz von Künstler*innen, Kreativzellen und Unternehmen, die mit einem hohen Grad an Vernetzung und Arbeitsteilung in den Kreativbranchen arbeiten. Mit der Umsetzung der EU Copyright-Richtlinie in der Urheberrechts-Novelle 2021 kommt es jetzt zu einer für die Zukunft der österreichischen Kreativwirtschaft entscheidenden Weichenstellung.

Das Urheberrecht ist das rechtliche und wirtschaftliche Fundament der Musikbranche und generell aller Kreativbranchen.

BRIEFE AN DIE POLITIK